UFAG Taschenuhrmodell mit Werkkaliber 40/39

in den Werkausführungen Typ 4.1 und 4.2 & ALS HAU Kal.39

Die letzte, 1926 in Glashütte entwickelte klassische Herrentaschenuhr

Nach dem Konkurs der DPUG 1925 unternimmt der technische Direktor der Genossenschaft, Hugo Müller, noch einmal einen Versuch mit der Entwicklung eines neuen Taschenuhrmodells unter Verwendung des von ihm erfundenen halbungleichschenkligen Ausgleichsankers, den Fortbestand der Firma zu ermöglichen. Das Konkursverfahren endete mit dem Erwerb der Konkursmasse durch den Hauptgläubiger, der Girozentrale Sachsen, und der von ihr im Dezember 1926 iniziierten Gründung der Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte (UFAG) und der Uhren-Rohwerkefabrik Akt. Ges. Glashütte (UROFA). Erst hier konnte der bis 1928 in der UFAG angestellte Hugo Müller sein Entwicklungsprojekt vollenden. Von den Savonette-Uhren wurden nach Aussagen des leitenden Angestellten der UFAG & UROFA und Zeitzeugen, Helmut Klemmer, nur ca. 100 Stück, nach derzeitigem Kenntnisstand, in zwei verschiedenen Qualitäten gefertigt. Die hier gezeigte Uhr mit einem Neusilberwerk mit 2/3 Platine und separatem Gangradkloben stellt die mit 16 Steinen, 5 verschraubten Goldchatons, Wellen- und Glashütter Sonnenschliff gefertigte erste Qualität dar. Mit der Werknummer 410010 handelt es sich hierbei um die 10. in einem 14-karätigem Goldgehäuse eingeschalten Kavalieruhr.

 

Die nachfolgende Erstbeschreibung dieses Werkkalibers wurde 1981 von dem Berliner Uhrenrestaurator Jörg Hein in der Fachzeitschrift Uhren und Schmuck publiziert.

Die Kaliberbezeichnung "40" wurde 1981 von dem Berliner Uhren- Restaurator Jörg Hein, auf der Grundlage des grösten Durchmessers der Grundplatine von 39,8 mm, eingeführt.

Erstbeschreibung
UFAG Kaliber 40 Müller Hemmung.pdf
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Goldene Präzisionstaschenuhr der Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte Sa.

Bei der hier vorgestellten, offenen Glashütter Präzisionstaschenuhr vom Kaliber 40 Typ 2 handelt es sich um eine der seltensten, serienmäßig nach Glashütter Maßstäben gefertigten Präzisionstaschenuhren. Nach Aussagen des Zeitzeugen Helmut Klemmer wurden weniger als 100 Exemplare von diesem 16-steinigen Werkkaliber mit 2/3 Platine vollendet. Das Werkgestell, die Kloben und  die Platine sind aus Neusilber gefertigt. Gangrad und Anker sind aus einer 8-karätigen, gehämmerten Goldlegierung. Bei der Hemmung handelt es sich um die von Hugo Müller entwickelte und patentierte "Müller Hemmung" mit dem halbungleichschenkligen Gleichgewichtsanker. Das Rohwerk fertigte die UROFA. Eingeschalt wurde die Uhr von der Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte Sa. in ein offenes, aus der Schweiz stammendes Goldgehäuse mit einem Feingehalt von 585/1000. Die Fertigung dieses Kalibers erfolgte nach derzeitigem Kenntnisstand in den Jahren 1926/27. Die ausführliche Erstbeschreibung von Jörg Hein aus dem jahr 1981 finden Sie im nachfolgendem PDF.

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Dieser Neuentwicklung begann mit der Seriennummer 400.000 für die offene Modellausführung und 410.000 für die Savonette

Werkseite einer TU Savonette, Kaliber 40 Typ 4.2
Werkseite einer TU Savonette, Kaliber 40 Typ 4.2

Werkbschreibung

Das 17¾-linige Werk mit einer von Hugo Müller weiter entwickelten Glashütter Ankerhemmung und 16 Funktionssteinen wurde in Neusilber ausgeführt und mit einem breiten Streifenschliff sowie einer Gravur unter der bimetallischen Kompensationsunruh fein vollendet. Der Minutenradstein wurde mit einem 3-fach verschraubten Chaton versehen. Bei der 2/3 Platine wurde an eine alte von 1860-1863 in Glashütte bei Glashütter Uhren verwendete Form angelehnt. Ein separater Ankerradkloben der Deutschen Präzisonsuhr "Original Glashütte", der halbungleich-schenklige Müller-Anker mit offenen Paletten, sowie einer Nickelstahl-Messing-Kompensationsunruh mit Regulierschrauben und eine Breguetspirale bilden die Hemmungspartie. Eine Rücker-Feinregulierung ist allerdings nicht vorhanden. Gegenüber den herkömmlich in der „Deutschen Präzisionsuhr Original Glashütte“ verwendeten Aufzügen wurde bei diesem Kaliber auf eine andere Konstruktion zurückgegriffen bzw. ein neuer Aufzug, ähnlich dem bei OMEGA verwendeten, entwickelt. Diese Frage ließ sich bisher noch nicht klären und ist Gegenstand weiterer Recherchen. Gleiches trifft für eine neue Form der verwendeten Sperrradklinke zu.

Taschenuhr der Uhrenfabrik Aktien Gesellschaft Glashütte Sa. 1928/29

Bei dem hier gezeigten Taschenuhrmodell der Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte Sa. handelt es sich um das von Hugo Müller entwickelte Taschenuhrkaliber 40 Typ 1.1. Er entwickelte es während die Deutsche Präzisionsuhren Fabrik Glashütte e.Gm.b.H. 1925 in Konkurs gehen musste. Es handelt sich um das letzte in Glashütte entwickelte und gefertigte Taschenuhrkaliber. Nach Aussagen des  damaligen in der Konstruktionsabteilung beschäftigten Zeitzeugen und späteren Betriebsführer der UROFA Helmut Klemmer aus dem Jahr 1980 sollen nicht mehr als 100 dieser Uhren gefertigt worden sein. Gefertigt wurden sowohl Savonette, als auch offene Varianten in zwei Qualitätsstufen.. Die ersten Werke wurden  in Neusilber und die späteren mit vergoldeter 2/3 Platine und separatem Gangradkloben sowie der nach Hugo Müller entwickelten und benannten Glashütter "Müller Hemmung" ausgeführt..

Produktionsumfang:

Aufgrund der wenigen bisher nachweisbaren Taschenuhren mit diesem außergewöhnlichen Werk kann man bei einem empirischen Vergleich mit der nachweisbaren Anzahl an Taschenuhren anderer Glashütter Hersteller aus einem vergleichbaren Zeitraum der 1930er Jahre vermuten, dass diese Taschenuhren nur in einer niedrigen Stückzahl von der UFAG gefertigt worden sind.

 

Bisher dokumentierte Ausführungen & Werknummern:

offene Ausführung

400026 Kaliber 40 Typ 2

400062 Kaliber 40 Typ 2

Savonette Ausführung

410010 Kaliber 40 Typ 1

410011 Kaliber 40 Typ 2

410037 Kaliber 40 Typ 2

410041 Kaliber 40 Typ 2

410073 Kaliber 40 Typ 2

410074 Kaliber 40 Typ 2

   410078 Kaliber 40 Typ 2.1

    410084 Kaliber 40 Typ 1.1

 

Eine Aussage, wie der Anteil vergoldeter Werke im Verhältnis zu den anspruchsvolleren Neusilberwerken war, kann derzeit nicht getroffen werden.

Verwendung von Restbeständen nach 1945

Aus dem Altbestand der UROFA gelangte vor oder nach Ende des 2. Weltkrieges 1945 ein kleiner Restbestand dieser Taschenuhr-Rohwerke des Kaliber 40 zur Firma A. Lange & Söhne. Möglicherweise geschah dies auch erst 1948 mit der Gründung der VVB Mechanik Dresden und der Verstaatlichung der Firma A. Lange & Söhne. Von der neuen Firma Mechanik Lange & Söhne wurden nach 1948 eine kleine Serie von Herrenarmbanduhren aus den übernommenen Taschenuhr-Rohwerkteilen der UROFA gefertigt.

 

Die Fertigung dieser Herrenarmbanduhren erfolgte allerdings unter der Kaliberbezeichnung 39

und der Marke ALS.

Diese überzählige Savonette-Rohwerkplatine mit der geprägten Nummer 410433 wurde nicht mehr für ein Uhrwerk Kaliber 40 verwendet.

Erläuterung der unterschiedlichen Kalibergrößen für ein und dasselbe Rohwerk

Das im Wesentlichen von Hugo Müller 1925/26 noch für die Deutsche Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte e. GmbH entwickelte Taschenuhrwerk Kaliber 40 konnte nach deren Konkurs aber erst von den 1926 neu gegründeten. Firmen Uhren Rohwerkefabrik Akt. Ges. Glashütte (UROFA) & Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte (UFAG), in geringer Stückzahl als Savonette und Lepine vollendet werden.

 

Überzählige Rohwerkteile wurden 1948 von der verstaatlichten Firma Mechanik Lange & Söhne VEB Glashütte übernommen und in geringer zweistelliger Anzahl als Herrenarmbanduhr Kaliber 37 vollendet. Die Kaliberangabe 39 mm von Mechanik Lange & Söhne VEB beruht auf einem neuen, kleineren Messpunkt auf der Grundplatine des Kaliber 40, welcher mit knapp 40 mm der größte Werkdurchmesser der Grundplatine ist.

So wurde zum Beispiel am 13. April 1949 eine solche Herrenarmbanduhr mit der Werknummer 410234 für 415 DM an Willibald Kober; Dresden verkauft. Beschrieben wurde diese Uhr vom Deutschen Uhrenmuseum Glashütte wie folgt: Werkdurchmesser 39 mm, verchromtes Metallgehäuse. Herrentaschenuhrwerk Marke ALS 16 Steine, Nickelstahl-Kompensationsunruh, Breguetspirale, schwarzes Zifferblatt, weiße Zahlen, weiße Balkenzeiger.

Am 25.04.1949 wurde ein weiteres Werk Kaliber 39 mit der Werknummer 410220 ohne Gehäuse von Mechanik Lange & Söhne an Herrn Bruno Röder Glashütte für 415,00 DM verkauft.

 Bei der Kaliberangabe 39 wurde hier ein kleinere Durchmesser der abgestuften Grundplatine zugrunde gelegt.

 

Mechanik Lange & Söhne VEB, Herrenarmbanduhr Kaliber 39

Diese Herrenarmbanduhr von 1949 wurde mit einem modifizierten Taschenuhrwerk Typ 4.1 des Glashütter Konstrukteurs Hugo Müller vollendet. Aus der Not geboren, verfügte die VVB Mechanik Dresden, zu der sowohl die aus der UROFA und UFAG hervorgegangene Glashütter Produktionsgemeinschaft Precis als auch Mechanik Lange & Söhne VEB gehörten, Vorkriegsbestände an Rohwerkteilen weitestgehend zu Uhren zu vollenden. Für die hier vorgestellte Herrenarmbanduhr wurde die Grundplatine des Savonette Taschenuhr Rohwerkes Kaliber 40 mm auf die Kalibergröße 39 mm abgedreht, um das Werk überhaupt in ein bei den Furiturenhändlern Jacob bzw. Flume noch erhältliches Armbanduhrgehäuse integrieren zu können. Auf diese Weise wurde zwischen 1948 und 1950 eine geringe zweistellige Anzahl von Armbanduhren mit dem ehemaligen Taschenuhrwerk, welches die spezielle Müller-Hemmung und ein neu bedrucktes schwarzes Zifferblatt beinhaltete, hergestellt. Die wenigen noch erhaltenen Armbanduhren mit diesen hochqualitativen Müller-Werken stellen eine zeitlos schöne, absolute Rarität dar und sind die Zierde einer Sammlung Glashütter Uhren.

Ankerstudie Hugo Müller.pdf
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Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.

Aktualisiert 18.04.2024

Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild  mit Video hinterlegt
Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild mit Video hinterlegt

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