1900
Zur Jahrhundertwende ist aus der einst verarmten Kleinstadt ohne Industrie und genügend Arbeitsplätzen dank der von Ferdinand Adolf Lage be- gründeten Glashütter Uhren-industrie und der sich im Gefolge etablierten fein- mechanischen Industrie eine wohlhabende Kleinstadt im Erzgebirge geworden, wie die Stadtansicht verdeutlicht. Der Blick vom Ochsenkopf zeigt links im Vordergrund das Wohnhaus der Familie Lange mit der dahinter liegenden Fabrikanlage und in der Mitte, frei- stehend unterhalb der Kirche, die Deutsche Uhrmacherschule.
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1901
1902
1903 - In Glashütte konnten erstmals, auf der Grundlage neuer gesetzlicher Bestimmungen "Prüfungen für die aus der Lehre tretenden Mechaniker" vorgenommen werden.
1904
Am 14. Juni und 2. August wurde in Glashütte von den Berliner Fabrikbesitzern und Brüdern Leo und Albert Loeske, dem Apotheker Dr. Hugo Michaeles sowie den Kaufleuten Alfred Michaeles und Siegesmund Schlesinger, die ebenfalls in Berlin ansässig waren, die „Glashütter Präzisionsuhren-Fabrik, Aktiengesellschaft“ in Glashütte mit einem Grundkapital von 100.000 Mark gegründet. [1] Die 100 Aktien zu 1000 Mark wurden von dem vorgenannten Personenkreis zum Nennwert übernommen. Der Aufsichtsrat bestand aus Leo Loeske, Albert Loeske und Dr. Hugo Michaeles. Als angestellter Vorstand wurde vom Aufsichtsrat der Glashütter Uhrenfabrikant Ernst Kasiske bestellt. Ernst Kasiske hatte dem Konsortium zwar sein Grundstück für den Fabrikstandort verkauft, wurde aber kein Anteilseigner der neuen Uhrenfabrik.
1905
1905 - Paul Stübner macht sich selbstständig und gründet eine Feinmechanische Werkstatt zur Fertigung von Marine-Chronometern und Präzisions- pendeluhren
Stempelung goldener Uhrgehäuse
Das Lobbyismus keine Erfindung der Neuzeit ist, beweist ein Artikel aus der Deutschen Uhrmacherzeitung von 1905. In diesem Beitrag wurden die verschiedenen Interessenslagen zwischen Uhrmachern und Schmuckindustrie hinsichtlich der Punzierung von Goldwaren auf der Grundlage des Reichsgesetzes vom 16. Juli 1884 deutlich. Die verschiedenen Interessenvertretungen verhandelten dazu im Reichsamt des Inneren mit den zuständigen Regierungsvertretern, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Von der Königlich Sächsischen Regierung wurde dazu u. a. Gustav Rohde, von der Firma Strasser & Rohde berufen.
1906 - 400 Jahrfeier von Glashütte
1907
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1909
von der Schweizer Alpina Union Horlogère wurde, die Präcisions-Uhrenfabrik Alpina Glashütte G. m. b. H. gegründet, die bis 1922 bestand.
Glashütter Präzisionstaschenuhren als Normalzeitmesser
für Zeppeline
1910
Am 1. April geht der langjährige Vorsitzende des Aufsichtrates der Deutschen Uhrmacherschule Richard Lange in den Ruhestand und wird Ehrenbürger der Stadt Glashütte.
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1918 wurde die „Deutsche Präzisionsuhrenfabrik Glashütte e.GmbH“ (DPUG) gegründet.
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1919 - Im Juli 1919 veröffentlicht die Deutsche Uhrmacher-Zeitung eine Analyse zur Situation der Glashütter Uhren- und Feinmechanischen Industrie seit Beginn des ersten Weltkrieges 1914 bis 1919
1920 am 14. Januar erfolgt die Gründung der Vereinigten Werke Glashütte (VAU WE)
Die korrekte Firmenbezeichnung lautet: „Vereinigte Glashütter Rechenmachinenfabriken, Tachometer- und Feinmechanische Werke Arthur Burkhardt & Cie. – „Saxonia“ Schumann & Cie.- Robert Mühle & Sohn“. Dem war am 1. Dezember 1919, die Beteiligung des ehemaligen Direktors der Kriegsindustriezentrale, Herrn Direktor Wolf und des Konstrukteurs Paul Straßberger von der Rechenmaschinenfabrik „Saxonia“, an der Ersten Glashütter Rechenmaschinenfabrik Arthur Burkhardt, unter dem neuen Namen „Glashütter Rechenmaschinenfabrik Arthur Burkhardt, Ingenieur & Cie.“, vorausgegangen.
1920
Zu Beginn des Jahres 1920 war, um weiteren Schaden abzuwenden, der Zeitpunkt gekommen, die strittigen Verhältnisse in Bezug auf die zu vertretenden Interessen zwischen der ehemaligen Kriegs-Industrie-Zentrale Glashütte, die inzwischen zur Städte-Industrie-Zentrale e.G.m.b.H. umgewandelt worden war, und den Vertretern der größeren Industriebetriebe in Glashütte, die 1919 eine eigene Rohstoff-Einkaufsgenossenschaft gegründet hatten, neu zu regeln. Die entscheidenden Verhandlungen fanden dazu im Januar 1920 statt.
1920 - Glashütter feiert das 75-jährige Bestehen seiner Uhrenindustrie.
1921
Die 1914 gegründete Kriegsindustriezentrale Glashütte, die die Einwerbung und Koordinierung von Rüstungsaufträgen übernommen hatte, versuchte nach Beendigung des ersten Weltkrieges durch Umstrukturierung und ein neues Geschäftsmodell, in eine städtische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ihre Existenzberechtigung aufrechtzuerhalten.
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1921 - Im Verlauf der nach dem 1. Weltkrieg beginnenden Inflation in Deutschland sah sich auch Glashütte gezwungen, von 1917 -Nov.1923 sogenanntes Notgeld herauszugeben.
Das traf auch auf die Firma A. Lange & Söhne zu, die eigenes Notgeld in Form von Gutscheinen auflegte.
Eine Besonderheit stellten die 1921 von der Stadt Glashütte aufgelegten sogenannten Serienscheine, die speziell Sammler ansprechen sollten, dar. Während auf der Vorderseite der mehrfarbigen Scheine, der Wert ausgewiesen wurde, hatte man sich für die Rückseite für Grafiken von Glashütter Motiven, Produkte der Uhren- und Feinmechanischen Industrie sowie Spüche entschieden.
Ausführliche Informationen mit Bildmaterial finden Sie >> hier <<.
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1925 - am 17. Juni ist auf Antrag der Giro-Zentrale Sachsen beim Amtsgericht Lauenstein das Konkursverfahren gegen die Deutsche Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte (Sa.), Uhrgläserwerke Deutscher Uhrmacher e. G. m. b. H. eröffnet worden.
1925 – 80 Jahre nach der Gründung der Glashütter Uhrenindustrie, war das Jahr 1925 eines der Jahre, die wenig Anlass zu Feiern gegeben haben. Große Betriebe hatten Konkurs anmelden müssen und der Stadtverwaltung drohte das gleiche Schicksal. Die Arbeitslosenzahl war extrem hoch und viele Fachkräfte verließen auf der Suche nach einer Beschäftigung Glashütte. Ein Licht am Ende des Tunnels war noch nicht zu erkennen. In einem Beitrag in dem im Dezember 1925 erschienene Saxonia-Bericht der Schülervereinigung „Saxonia“ der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte, wurde die verheerende Situation anschaulich verdeutlicht.
1926 Anfang des Jahres hatte Glashütte 85% Arbeitslose
1926 - Im Mai droht der Stadt der Konkurs
1926 wurden aus der Konkursmasse der DPUG (Präzision) von der Girozentrale Sachsen, die „Uhrenrohwerkefabrik Glashütte AG“ (Urofa) und das Schwesterunternehmen, die Uhrenfabrik AG Glashütte (Ufag), gegründet. Geschäftsführer beider Firmen wurde Dr. Ernst Kurtz.
Das bewegliche Inventar beider Firmen wurde 1945 demontiert und ging als Reparationsleistung an die damalige Siegermacht Sowjetunion in die 1. Moskauer Uhrenfabrik und hörten damit faktisch auf zu existieren.
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1927
Flutkatastrophe in Glashütte im Sommer 1927
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1928
Im Jahr 1930 wurde durch eine Enquete-Kommission die innere Entwicklung der deutschen Uhrenindustrie seit dem letzten Vorkriegsjahre 1913 bis in das Jahr 1928 hinein statistisch erfasst und ausgewertet. Die 10 Glashütter Unternehmen mit 200 Beschäftigten die rund 2000 Präzisionsuhren mit einem Produktionswert von 1 Mill. RM fertigten, erwirtschaften im Jahr 1928 gerade einmal 4% des Gesamtwertes der deutschen Uhrenindustrie.
1929
1930 - Die Glashütter Facharbeiter, Fritz Bernhard, Willy Dittrich, Willy Estler, Ernst Hruschka, Eugen Kulms, Paul Mende, Alfred Moche, Johannes Moche, Alfred Reichel, HansTittel, Fritz Walter
und Alfred Weichelt hatten sich Vertraglich verpflichtet in der sowjetunion in Moskau beim Aufbau einer eigenständigen sowjetischen Uhrenindustrie zu helfen. Der Vertrag lief über
fünf Jahre und lief am 7. November 1935 aus. Am 8. August traten sie ihre Reise nach Moskau an.
Nach Vertragsablauf erhielt jeder als Abschiedsgeschenk eine Taschenuhr mit persönlicher Widmung.
Fritz Walter, Glashütter Uhrmacher & seine Taschenuhr mit einer besonderen Historie
1935 lief ein fünfjähriger Vertrag von 12 Glashütter Facharbeitern, die in der 1. Moskauer Uhrenfabrik Aufbauarbeit geleistet hatten, aus. Zur Erinnerung erhielten sie eine lepine Taschenuhr mit Widmung geschenkt. Fritz Walter war einer von ihnen. Das Uhrwerk Kaliber 43 ist in ein verchromtes Metallgehäuse eingeschalt. Das 15-steinige Brückenwerk hat eine Kopensationsunruh mit 16 Gewichtsschrauben und eine Breguetspirale mit Endkurve. Die Steine sind in Messingfutter gefasst und in die Gestellteile eingepresst. Die Ankerbegrenzungsstifte sind Exzenter, wodurch man den Weg des Ankers leicht einstellen kann. Anker und Ankerrad sind aus einer Messinglegierung. Die Steine sind aus synthetischen Rubinen. Brücken und Kloben haben einen Zierschliff, die Aufzugsräder einen Strahlenschliff. Sämtliche Schraubenköpfe sind poliert. Alles in allem ein interessantes und seltenes Zeitdokument aus der Historie der Glashütter Uhrenindustrie der 1930er-Jahre.
1933 - Im Oktober 1933, acht Monate nach der Machtergreifung, berichtet die Deutsche Uhrmacherzeitung von einem Inspektionsbesuch führender sächsischer Funktionäre im noch jungen Naziregime, wie folgt:
„Der Führer der sächsischen Arbeitsfront in Glashütte i. Sa.
Am 25. Oktober besuchten Pg. S t i e h l e r, der Gauleiter der N.S.B.O. und Gauleiter der sächsischen Arbeitsfront, Geheimrat von Loeben und Hedrich von der Girozentrale sowie andere Persönlichkeiten des industriellen und öffentlichen Lebens Glashütte i. Sa. Zunächst wurden die Rechenmaschinenfabrik „Archimedes' und die Uhren-Rohwerke-Fabrik Glashütte A.-G. (Urofa) besichtigt. In der letztgenannten Fabrik erregte besonders die Herstellung der Einzelteile für kleine Armbanduhrwerke das größte Interesse der Besucher. Nach diesen Besichtigungen wurden die Gäste von Bürgermeister Gotthardt und Oberstudiendirektor Dr. Giebel begrüßt und in die Uhrmacherschule geführt, wo eine Ausstellung fast aller Erzeugnisse der heimischen Industrie aufgebaut war. Die Ausstellung war v o n den Firmen Uhrenfabrik A . - G . , A. Lange & Söhne, „Archimedes", Tachometerwerke R. Mühle & Sohn, C. Renner & Sohn, Herbert Kohl, Karl W. Höhnel, Hayard & Schmieder und von den W e r k s t ä t t e n der Deutschen Uhrmacherschule beschickt. Die Besucher nahmen die Ausstellung mit sichtlichem Interesse in Augenschein, besprachen Absatz- und Ausfuhrmöglichkeiten mit den einzelnen Ausstellern und zogen auch örtliche Parteiinstanzen zu kurzen Besprechungen mit den Werksleitungen heran."
1934 - Informationsblatt über die Glashütter Industrie in den 1930er Jahren
1935
"Wunder der Präzision"
Ein verschollener Tonfilm von 1935 über Glashütter Uhren und
die Deutsche Uhrmacherschule Glashütte
Ende Januar 1936 gibt der Reichsinnungsmeister des Uhrmacherhandwerkes, PG Hans Flügel in der Fachpresse bekannt, dass, nach eingehenden Beratungen aller beteiligten Stellen und mit Einverständnis des deutschen Werbrates, im ganzen Reichsgebiet ab sofort einheitliche Garantie- bedingungen im Uhrmacher- gewerbe gelten. Die Garantie darf nicht länger als 1 Jahr betragen und für Armbanduhren sowie für billige Uhren, die nicht mehr als 10,- RM kosten, soll die Garantie grundsätzlich nicht länger als 6 Monate betragen.
1937
1938 Sonderschau Glashütter Uhren
1939
Wesentliche Teile der Glashütter Uhren- und feinmechanischen Industrie werden in die Kriegsproduktion der Rüstungsindustrie eingebunden. Darunter befinden u.a. die Firmen A. Lange & Söhne, die Uhrenfabrik Glashütte AG und die Uhren Rohwerke-Fabrik Glashütte AG. Es werden u.a. Chronometer und Beobachtungsuhren für die Kriegsmarine und die Luftwaffe sowie Armbanduhr-Chronographen für die Luftwaffe entwickelt und gefertigt.
1940
In dieser, im Dezember 1940 erschienenen Veröffentlichung wurde, auf Seite 40 unter der Rubrik "Glashütter Allerlei" erstmals der Beginn von Zwangsarbeit in Glashütte dokumentiert.
Glashütter Telefonanschlüsse 1940
Da die Kapazitäten der Unternehmen der Glashütter Uhrenindustrie 1940 mit ALS Kaliber 48 bzw. 48.1 & Marinechronometer sowie UFAG & UROFA mit Kaliber 59, bereits voll in die Kriegsproduktion eingebunden waren, kam mit dieser Verordnung bereits zu Beginn des Jahres 1941, das endgültige Aus für die Fertigung ziviler Armbanduhren und die Entwicklung neuer Modelle.
1941 Einheitlicher Garantieschein des Reichsinnungsverbandes
1942 – Herstellungsverbot für Damenuhren
Mit Wirkung vom 12. August 1942 erlässt die Wirtschaftsgruppe Metallindustrie der Reichsregierung durch ihren Beauftragten für Kriegsaufgaben Otto Pfitzer in der Anordnung Nr. 7 ein Verbot für die Herstellung für Damen-Armbanduhren und sonstige Damenuhren aller Art für das Deutsche Reich. Nur die Erzeugnisse, die sich in der Fertigung befinden, dürfen noch vollendet werden. In dringenden Einzelfällen sind noch Ausnahmen zulässig, die aber einer besonderen Genehmigung bedürfen. Für die Glashütter Betriebe der Uhrenfertigung hatte diese Verordnung wenig Bedeutung, da sie bereits seit 1940 voll und ganz in die Kriegsproduktion eingebunden und mit der Fertigung von Zeitmessern für Luftwaffe und Marine und der Herstellung von Zeitzündern, voll ausgelastet waren.
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Die Deutsche Uhr
Im Januar 1943, die Gewinne aus der Kriegsproduktion der UROFA und UFAG waren nicht zuletzt auch durch betriebliche Erweiterungen in Glashütte und in Dresden, Kesselsdorfer Straße 22, sowie durch den Einsatz von Zwangsarbeitern auf dem Höhepunkt angelangt, als der Vorstand der beiden Aktiengesellschaften Dr. jur. Ernst Kurtz in der Fachzeitschrift Uhrmacherkunst unter dem Motto: „Im neuen Europa kommt dem Führerstaat Großdeutschland eine besondere Rolle zu als Versorger insbesondere mit Industrieerzeugnissen.“ den Artikel „Die Deutsche Uhr“ veröffentlicht. Der Inhalt des Beitrages und die Sprachwahl geben einen recht guten Einblick in die Vorstellungen, die Dr. Kurtz von seiner und der Zukunft und der unter seiner Leitung stehenden Betriebe hatte. Die Aussagen stützen auch die Vermutung, dass die Entwicklungsabteilung an zumindest einer modernen Armbanduhr für die Zeit nach dem „Endsieg“ arbeitete. Auch gibt es Hinweise, dass in einer gemeinschaftlichen Entwicklung mit den Pforzheimer Uhrenwerken (PUW) und der Firma Junghans an einer weiteren Armbanduhr gearbeitet wurde. Damit, dass nach Kriegsende ein hoher Bedarf an Uhren vorhanden sein würde, hatte Dr. Kurtz recht. In der Ansicht, dass das in einem ganz Europa umfassenden Führerstaat Großdeutschland sein würde, irrte er sich gewaltig. Was als einziges zum Kriegsende 1945 blieb, war das Wissen der Konstrukteure sowie die Ergebnisse der Entwicklungsabteilung, wie sie in den Armbanduhrkalibern Kurtz 25 und GUB 60 bzw. in dem nachkriegsbedingt vorgezogenen, technologisch vereinfachten Kal. 61 der Produktionsgemeinschaft Precis Glashütte dokumentiert sind.
1940 - Der Beginn der Zwangsarbeit in Glashütte
Am 14. September 1940 wurde zur Durchführung von Wasserwerks-Erweiterunga-Arbeiten und Erstellung von 84 Wohnungen an der Luchauer Straße ein Kriegsgefangenenlager mit zunächst 30 Gefangenen (Franzosen) im Gasthof zur Sonne eingerichtet.
Quelle: Bund ehemaliger Schüler der Meisterschule des Uhrmacherhandwerks Glashütte Sa. Bundesorgan Nr. 1 vom Dez.1940 S.40
Glashütte Kriegsgefangenen-Arbeitskommando Wehrkreia VI (Sachs.) Feldpostbrief vom 07. April 1943
Dieser Feldpostbrief gibt einen Hinweis darauf, dass während des 2. Weltkrieges nicht nur "Zwangsarbeiter", sondern auch Kriegsgefangene in den Glashütter Firmen der Uhrenindustrie arbeiten mussten.
1943 - Die Kriegsproduktion bindet die gesammte Produktionskapazität der Glashütter Uhrenindustrie. Neben dieser Fertigung werden, wie auch schon im 1. Weltkrieg, in immer größerem Umfang Zünder für Bomben hergestellt. Zur Steigerung der Produktionskapazitäten werden Industrieanlagen erweitert und neue Außenstellen, wie z.B. die der UFAG in der Kesselsdorfer Straße 22 in Dresden, eingerichtet. In diesem Zusammenhang kommt es im wachsendem Maße zum Einsatz von Fremdarbeitern zur Zwangsarbeit. Es wird eigens dafür ein Barackenklager und eine Gemeinschaftsküche aufgebaut. (DAF)
Einblick in das „Leben“ der rund 3000 Zwangsarbeiter der Glashütter Uhrenindustrie während des zweiten Weltkrieges
Am 23. Dezember 1943 schreibt der Französische Zwangsarbeiter F. Rebecchi aus dem sogenannten Gemeinschaftslager der Deutschen Arbeitsfront in Glashütte einen sehr aufschlussreichen Brief an seinen Freund in Frankreich. Einen Tag vor der Kriegsweihnacht 1943 und 16 Monate vor Ende des zweiten Weltkrieges ein beachtliches Zeitdokument. Mit der genannten Zahl von 3000 Gefangenen wird hier zum ersten Mal erkennbar, um welche Größenordnung es sich bei dem Lager gehandelt hat. Ca. 500 bis 600 Russen, 200 bis 300 Tschechen, 80 Franzosen und rund 2000 Frauen der unterschiedlichsten Nationalitäten mussten bei mangelhafter Ernährung 12 Stunden unter den härtesten Bedingungen in der weitgehend auf Kriegsproduktion eingestellten Glashütter Uhren- und Feinmechanischen Industrie für den „Endsieg“ schuften. Bei einer Bevölkerungszahl Glashüttes von 3494 im Jahr 1939 [1] eine nicht zu übersehende Größenordnung. Der größte Teil der Zwangsarbeiter dürfte in den Firmen A. Lange & Söhne bei der Fertigung von Einheitschronometern Kal. 100, Marine B-Chronometer Kal. 48 & 48.1 sowie bei UROFA und UFAG bei der Fertigung des Fliegerchronographen Kal. 59 eingesetzt worden sein. Es wurden aber auch in nicht unerheblichen Umfang Zeitzünder für Bomben und Torpedos gefertigt. Ein dunkles und noch viel zu wenig aufgearbeitetes Kapitel Glashütter Geschichte. Aber lesen Sie selbst.
[1] Heimatstadt Glashütte S.55, Eigenverlag der Stadt 1939
Mit dem Befehl Nr.163 vom 07. Dezember 1945 wurden die Nachforscungen der deutschen Behörden und deutschen Organe über den Verbleib von Bürgern der Vereinten Nationen veranlasst und geregelt.
Insofern mussten auch alle Glashütter Betriebe der Uhren- und Feinmechanischen Industrie auf der Grundlage von ausgegebenen Fragebögen, Rechenschaft über bei ihnen bis Mai 1945 Dienstverpflichteten Zwangsarbeiter und Kriegs-gefangenen geben. Die nachfolgende Meldeliste vom 24. Januar 1946 betraf die bei der Firma A. Lang & Söhne von 1941 bis 1945 zwangsverpflichteten sogenannten "Fremdarbeieter".
Katarina Puńko, von 1943 bis zum 08. Mai 1945 Sowjetische Zwangsarbeiterin in Glashütte. Katarina Puńko kam aus dem Dorf Zagrebele im Bezirk Sosnitca und der Region Tschernigow in der heutigen Ukraine. Drei lange Jahre in der eigentlich schönsten Zeit einer jungen Frau, musste Sie eingepfercht in dem Baraken- lager der DAF bei der Glashütter Firma A. Lange & Söhne Zwangsarbeit verrichten. Eine Entschuldigung, geschweige denn eine Entschädigung für das erlittene Unrecht hat es bis heute von keiner Seite gegeben. Es ist auch für Glashütte nie zu spät sich zu diesem Teil der Geschichte des Ortes und seiner Industrie zu bekennen und entsprechend zu handeln. Die Angehörigen würden gern mehr über das Schicksal von Katarina während der Zeit ihrer Zwangsarbeit erfahren. Wer noch heute etwas zur Aufklärung beitragen kann und möchte, kann sich vertauensvoll an den Autor dieser Webseite wenden.
Feldpostbrief des Unteroffiziers Paul Pinkert vom 7. April 1943 Kriegsgefangenen-Arbeitskomando IV Glashütte (Sachs.) Dresdener Straße
Das Bild zeigt vier der rund 1800 bis 2000 Zwangsarbeiterinnen der Glashütter Uhren- und Feinmechanischen Industrie, die aus den verschiedensten von der Deutschen Wehrmacht besetzten Ländern Europas zur Zwangsarbeit verpflichtet wurden. Sie waren in einem großen Barackenlager, welches am Ortsausgang für die Zwangsarbeiter und Zwangs-arbeiterinnen errichtet worden war, untergebracht. Von diesem Lager musste täglich in Kolonnen unter anderem an der Firma Paul Stübner vorbei zur 12-stündigen Arbeit in die Glashütter Uhrenfabriken und auch in die Feinmechanischen Werkstätten marschiert werden. Zeitzeugen des Lagers zufolge ist eine dieser jungen Frauen noch vor Ende des Krieges verstorben und nicht auf dem Glashütter Fiedhof, sondern namenlos in der Nähe der Fabrik begraben worden.
Diese Postkarte aus dem Glashütter Zwangsarbeiterlager der Deutschen Arbeitsfront wurde exakt 11 Monate vor Ende des zweiten Weltkrieges in der Glashütter Post für den Versand nach Lyon Frankreich abgestempelt. Das rote Dienstsiegel "Geprüft - Oberkomando der Wehrmacht" belegt einmal die militärische Bewachung des Zwangsarbeiterlagers und die Zensur des Inhalts der Post, die aus dem Lager herausging.
Zwangsarbeiterpost aus dem DAF-Lager Glashütte vom 25.07.1944
Am 8. Mai 1945, um 6 Uhr, dem Tag des Endes des 2. Weltkrieges fielen noch sowjetische Bomben auf abziehende Deutsche Truppen im Stadtkern von Glashütte, wobei auch einzelne Häuser und die Uhrenfabrik a. Lange & Söhne getroffen wurden.
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1945 im Juli und August ließ die sowjetische Besatzungsmacht wesentliche Teile der Glashütter Uhrenindustrie als Reparationsleistungen demontieren und nach Moskau verbringen. Was dann noch in Glashütte verblieb und nicht zerstört war, wurde unter Sequester gestellt.
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1946 im Januar erhielt Hans Lochmann ehemalige Betriebsführer der UROFA und UFAG von der in der SBZ zuständigen SMAD die Genehmigung und den Auftrag auf genossenschaftlicher Basis, einen Uhrenproduzierenden Betrieb der sowohl Rohwerke, als auch Uhren fertigte, zu bilden. Unter den dafür von der SMAD festgelegten Namen „Produktionsgemeinschaft Precis“ sollte die GBR 1946 mit der planmäßigen Uhrenfertigung beginnen. In nicht unerheblichem Umfang war von der SMAD in Berlin-Karlshorst geplant, aus der laufenden Produktion, Reparationsleistungen abzufordern.
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1946 wurde ebenfalls die Firma „Hans Mühle Glashütte“ vom Enkel von Robert Mühle neu gegründet. Vornehmlich Lauf- und Hemmwerke sowie Messgeräte wurden wieder produziert.
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1948 wurde die Firma „A. Lange & Söhne“ verstaatlicht und firmierte unter dem Namen „Mechanik Lange & Söhne VEB“ bis zur Gründung der GUB 1951.
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1949
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen entsprechend ergänzt.
Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850 - 1980 : Firmenadressen, Fertigungsprogramm, Firmenzeichen, Markennamen, Firmengeschichten; Autor: Hans Heinrich Schmid; Herausgeber: Förderkreis Lebendiges Uhrenindustriemuseum e.V.; ISBN 3927987913
Glashütte - Ein Rundgang durch die Stadt; Autoren: Gottfried Jürgas, Stefan Höhnel; Militzke Verlag; ISBN 3-86189-043-7