A. Lange & Söhne 1945 - 1948

Das zerstörte Fabrikgebäude der Firma A.Lange & Söhne
Das zerstörte Fabrikgebäude der Firma A.Lange & Söhne

A. Lange & Söhne 07.05.1945 bis 20.04.1948

Am 7.Mai 1945, den letzten Tag des 2.Weltkrieges kam es im Müglitztal noch zu einer verhängnisvollen Konzentration von SS-Kampfeinheiten, die auf den Berghöhen  noch einmal eine Verteidigungslinie gegen die heranrückenden Einheiten der Sowjetarmee errichten sollten. Am gleichen Tage waren auch die Glashütter Betriebe geschlossen worden. Am Morgen des 8. Mai 1945 griffen sowjetische Flieger die Kampfeinheiten an und zerstörten dabei u.a. auch das Fabrikgebäude  der Firma Lange.

Das war zum Ende des Zweiten Weltkrieges die Ausgangslage bei der Firma A. Lange & Söhne.

 

Als Zeitzeuge berichtet der Langjährige Betriebsführer der Uhren-Rohwerkefabrik A. G. Glashütte, Helmut Klemmer darüber 1980 folgendes:

„Durch den zweiten Weltkrieg war die Ent­wicklung der Glashütter-Uhrenindustrie nach 100jährigem Bestehen nicht nur un­terbrochen, sie war völlig zum Erliegen gekommen. Zur Verfügung standen leere Arbeitsräume und ein ausgebranntes Fa­brikgebäude. Ein Teil der Unternehmer hatte es vorgezogen, sich vor dem Ein­marsch der Sowjetarmee in Richtung We­sten abzusetzen. Ein Teil der Spezialisten und Facharbeiter waren Opfer des Krieges geworden. Weitere hatten, wegen der aus­sichtslos scheinenden Lage in der Uhren­industrie, Glashütte verlassen. Die weni­gen befähigten und fortschrittlich gesinn­ten Werktätigen, die bei Urofa und Lange den Versuch unternahmen wieder etwas auf die Beine zu stellen, wurden belächelt. Es galt, nicht nur mit den wenigen vorhan­denen Mitteln wieder aufzubauen, es mußte gleichzeitig, der neuen gesellschaft­lichen Ordnung entsprechend, auch eine geistige Umstellung der Menschen erfol­gen.“

Kaliber 28.1
Kaliber 28.1

Weiter heisst es:

„Bei Lange konnte nach verhältnismäßig kurzer Zeit die Produktion von Marine­chronometern und Beobachtungsuhren Kal. 48 und 48.1 wieder anlaufen. Für diese Uhren waren noch Halbfabrikate vorhan­den. Außerdem war die Herstellung von jeher zum großen Teil auf Handarbeit auf­gebaut, so daß keine komplizierten Ma­schinen erforderlich waren. Parallel zu der Produktion dieser Spezialuhren wurde 1946 die Entwicklung einer Herrenarmbanduhr aufgenommen. Es entstanden die Kai. 28 und 28.1. Bei bei­den Ausführungen handelte es sich um massive Werke, Durchmesser 28 mm mit Palettenankerhemmung, Kupplungsaufzug und 15 bzw. 16 Steinen. Das Kal. 28.1 war mit Zentralsekunde ausgestattet. Die übli­che Dreiviertelplatine war in Federhaus­brücke, Räderwerkbrücke und Ankerrad­kolben aufgeteilt worden (Bild 46). Mit der Lieferung wurde 1949 begonnen. Durch die solide Bauart und Ganggenauigkeit wur­den diese Werke in die Güteklasse „Q." ein­gestuft.“

Ursprünglich von UROFA & UFAG unvollendetes Werk Kal.2 der Deutschen Präzisionsuhr "Original Glashütte"
Ursprünglich von UROFA & UFAG unvollendetes Werk Kal.2 der Deutschen Präzisionsuhr "Original Glashütte"

Ein interessantes Belegstück für die schwere Zeit des Neuanfanges stellt auch ein von der Firma Lange im Frühjahr 1947 vollendetes Werk der ehemaligen Uhren-Rohwerkefabrik Glashütte i/Sa. AG (UROFA) dar, welches die Uhrenfabrik Glashütte i/Sa. AG (UFAG) wegen ihrer Kriegsproduktion bis 1945 nicht mehr vollenden konnte. Die alte Firmenbezeichnung der UFAG wurde herausgefräst und die für Lange Uhren gebräuchliche Firmensignatur aufgebracht. Ungeachtet dessen, dass die Uhr von der Firma A. Lange & Söhne remontiert und fein vollendet wurde, bleibt das Ursprungswerk, das was es immer war: das Kaliber 2 der Deutschen Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte in Sachs. e.G.m.b.H. ", welches nach deren Konkurs von der UROFA und UFAG übernommen wurde. An der Werknummer 352162 der UFAG und der 2/3 Platine sowie dem separaten Gangradkloben ist das Werkkaliber unschwer zu erkennen. Belegbar ist das auch durch ein Artefakt mit der nur um 214 Stück zurückliegenden Werknummer 351948, welches noch von der UFAG vollendet wurde. Wenn man bedenkt, dass dieses Werk einmal in harter Konkurrenz zu den bei Lange gefertigten Uhren entstanden war, schon eine bemerkenswerte Besonderheit.

Parallel zu den bereits erwähnten Arbeiten wurde auch an der Entwicklung einer Stoppuhr gearbeitet, die dann als Kaliber 65 von 1951  bis 1953 vom VEB Glashütter Uhrenbetriebe gefertigt wurde. Die Kaliber 28 und 28.1 konnten erst 1949, nach der Verstaalichung 1948, in die Serienproduktion gehen. Parallel dazu wurde auch die Produktion der Kaliber 48 und 100 bei Mechanik Lange & Söhne VEB fortgeführt.

Chronologie der Verstaatlichung von A. Lange & Söhne nach Beendigung des 2. Weltkrieges in der SBZ

  • 1. Die Vorgeschichte

 Nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches am 08. Mai 1945 gilt in den gebildeten Besatzungszonen Besatzungsrecht. Die alliierten Besatzungsbehörden üben in Deutschland von 1945 bis 1949 das unmittelbare Hoheitsrecht aus. Die für Deutschland als Ganzes geltenden Bestimmungen des Alliierten Kontrollrates werden von den Besatzungsmächten in Zonenrecht umgesetzt.

Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD)  erlässt für die sowjetische Besatzungszone (SBZ) rechtsnormative Regelungen in Gestalt von Befehlen zur Durchsetzung der Besatzungspolitik. Für die Umsetzung dieser Befehle sind die deutschen Kommunal- und Länderverwaltungen zuständig, sowie die anstelle der aufgelösten Reichsbehörden geschaffenen Deutschen Zentralverwaltungen, die der SMAD unterstehen.

Gleichzeitig handeln Vertretungen wirtschaftsleitender Einrichtungen der Sowjetunion unmittelbar, parallel und unabhängig zur SMAD in der SBZ.

 

Die Neuordnung der Wirtschaft in Deutschland, die unmittelbar nach Kriegsende begann, vollzog sich in der sowjetischen Besatzungszone auf nachfolgende Rechtsgrundlage.

Der Alliierte Kontrollrat in Deutschland (AKR)  und die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) sowie die SMA  in den fünf Ländern der SBZ erlassen dazu Gesetze, Direktiven, Befehle und Anordnungen. Diese Rechtsetzungen ermächtigen die Besatzungsbehörden zu einschränkenden bzw. fördernden Anweisungen. Der Handlungsspielraum für die deutschen politischen und wirtschaftlichen Institutionen wird dadurch im Wesentlichen bestimmt. Damit werden die Voraussetzungen für eine spezifische gesellschaftliche Entwicklung in der SBZ geschaffen.

Die in diesem Sinne im Aufbau befindlichen und zu entsprechenden Handlungen verpflichteten Deutschen Verwaltungsorgane in der sowjetischen Besatzungszone bekamen dabei in der Folgezeit von der SMAD immer mehr Verantwortung übertragen.

 

  • 2. Die Rechtsgrundlagen der Verstaatlichung

 Die Verstaatlichung der Firma A. Lange & Söhne erfolgte durch Beschluss der Sächsischen Landesregierung vom 3. März 1948 zur Sequestrierung  der Firma auf der Grundlage des Befehles der SMAD Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 und der Bestätigung der getroffenen Entscheidungen durch den SMAD, Befehl Nr. 64 vom 17.04.1948.

Diese Entscheidung befindet sich in Übereinstimmung mit den nachfolgend aufgeführten Rechtgrundlagen und dem damals in der SBZ geltenden Recht.

 

Beschlüsse der Alliierten auf den Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam 

Proklamation Nr. 1 des Alliierten Kontrollrates vom 30. August 1945

Proklamation Nr. 2 vom 20. September 1945

Befehl der SMAD Nr. 17  vom 27. Juli.1945

Befehles der SMAD Nr. 124  vom 30. Oktober 1945

Befehl der SMAD Nr. 138 vom 4. Juni 1947

Volksentscheid in Sachsen vom 30. Juni.1946

Befehl der SMAD Nr. 32  vom 12. Februar.1948

Beschluss der Landesregierung Sachsen vom 3.März 1948

Befehl Nr. 64 der SMAD vom 17. April.1948

Befehl Nr. 76  der SMAD 23.April. 1948

Anordnungen der Deutschen Wirtschaftskommission

Befehl Nr. 183  der SMAD vom 27. November 1948

 

Entscheidend dafür, welches Eigentum schlussendlich enteignet wurde, war nicht, wie gelegentlich publiziert, ausschließlich das, welches 1945/46 listenmäßig erfasst oder aus den verschiedensten Gründen auch wieder gestrichen wurde, sondern das, welches 1948 in den der SMAD von der DWK zur Bestätigung vorgelegten Auflistung enthalten war.

Mit dem SMAD Befehl Nr. 64 vom 17. April 1948 wurden die vorgenannten Listen und damit die Enteignung des darin aufgeführten Eigentums von der Besatzungsmacht bestätigt.

 

  • 3. Neuordnung der Zuständigkeiten

Die unter zentraler Leitung neue von der DWK 1948 festgelegte, unter der Betriebsnummer 37/376/1005 geführte und in ihrem Verzeichnis aller Industriebetriebe dokumentierte Betriebsbezeichnung der ehemaligen Firma A. Lange & Söhne lautete ab dem 20. April 1948 „Lange & Söhne VEB.“

 

Auf Grundlage des Befehls Nr. 76 der SMAD vom 23. April 1948 und im Hinblick auf die angestrebte Zentralisierung der Wirtschaft in der SBZ wurden noch im selben Jahr in der SBZ zentral geleitete Vereinigungen Volkseigener Betriebe VVB (Z) und auf Länderebene vergleichbare VVB (L) geschaffen, denen u.a. auch bisher von Institutionen der DWK zentral geleitete Betriebe zugeordnet wurden.

Dem im Land Sachsen neu gegründeten juristisch selbständigen Betrieb "MECHANIK Vereinigung volkseigener Betriebe der Photo-, Kino- und Büromaschinen-Industrie" wurde neben 36 weiteren Betrieben auch der vorher unter zentraler Verwaltung der DWK stehende und inzwischen auf der Grundlage Beschluss der Landesregierung Sachsen vom 3. März 1948 verstaatlichte Betrieb Lange & Söhne VEB in einer noch näher zu recherchierenden Form im April/Mai 1948 verwaltungstechnisch bzw. mit dem juristisch schwammigen Begriff der „Rechtsträgerschaft“ zugeordnet. Ob damit auch der Verlust der juristischen Selbständigkeit verbunden war, ist Gegenstand derzeitiger Recherchen.

 

Unabhängig davon erfolgte auf Weisung der VVB zu einem noch zu ermittelnden Zeitpunkt zum zweiten Mal eine Änderung der Betriebsbezeichnung, jetzt in „Mechanik Lange & Söhne VEB“.

 

Ob die 1951 erfolgte erneute Namensänderung der VVB in "Mechanik VVB der feinmechanischen Industrie" noch vor der Eingliederung der Firma „Mechanik Lange & Söhne VEB“ in die am 01.07. 1951 gegründeten VEB Mechanik Glashütter Uhrenbetriebe noch in irgend einer Art und Weise relevant gewesen ist, ist ebenfalls Gegenstand weiterer Recherchen

 

  • 4. Integration in den Volkseigenen Betrieb „Glashütter Uhrenbetriebe (GUB)“ am 01.07.1951

 Mit dieser Eingliederung in den „VEB Mechanik Glashütter Uhrenbetriebe“ erlischt auch die eigenständige Betriebsbezeichnung der traditionsreichen, ehemaligen Firma A. Lange & Söhne. Die Produktionspalette der Firma von Marinechronometern Kaliber 100, Beobachtungsuhren Kaliber 48, Herrenarmbanduhren der Kaliber 28 und 28.1 sowie die Entwicklung der Stoppuhr Kaliber 65 wurde von den GUB übernommen und weitergeführt.

Näheres dazu findet sich in den Beschreibungen der einzelnen Kaliber.

Quelle: Die Uhr Nr. 10 vom 25. 05.1953 S.28
Quelle: Die Uhr Nr. 10 vom 25. 05.1953 S.28

Zu den Werkbeschreibungen kommem Sie hier

Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.

Aktualisiert 18.04.2024

Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild  mit Video hinterlegt
Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild mit Video hinterlegt

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