Kaliber 28.1 Mechanik Lange & Söhne VEB

  • Herstellung: 1948 - 1951 (1951 - 1957 von GUB)
  • Werkdurchmesser: 12 ½  = 28 mm
  • Werkhöhe: 5,4 mm
  • Werkaufbau: Platinenwerk mit Grundplatte, Federhausbrücke, Ankerkloben, Unruhkloben und Zentralsekunde
  • Aufzug: Kupplungsaufzug mit 3-Loch Winkelhebelfeder 
  • Hemmung: Palettenankerhemmung
  • Unruh: monometallische, nicht aufgeschnittene Schraubenunruh mit 16 Gewichtsschrauben und antimagnetischer Flachspirale
  • Steine: 16 (zum Teil in Goldchatons)
  • Stoßsicherung: keine
  • Reglage: freier Rückerzeiger
  • Stückzahl: ca.17.000
  • Besonderheiten: Werknummer, Gütezeichen Q (ab 1950), Glashütter Sonnenschliff auf Kron- und Sperrrrad, Platine, Brücken und Kloben körnig versilbert

Zur Entwicklungsgeschichte des ersten eigenen Herrenarmbanduhrkalibers 28

Die ersten noch von der Firma A. Lange & Söhne vor der Verstaatlichung im April 1948 aus dem hochpräzisen Kaliber 48, der Lange Beobachtungsuhr, heraus entwickelten eigenen Herrenarmbanduhren Kaliber 28 mit dezentraler- und 28.1 mit indirekter Zentralsekunde kamen 1948 auf den Markt. Da die ersten 100 Werke noch mit einer Rückerfeineinstellung durch Exzenter ausgestattet waren, könnte es sich dabei um eine so genannte Nullserie gehandelt haben. Nachvollziehbar erscheint es auch, weil es dann erklärbar wäre, warum erste Werke Werknummern unter 120.000 haben.

Noch offen ist die Frage, ab wann genau diesen Uhren das höchste Gütezeichen der DDR, Q1, verliehen wurde.

Dazu sind folgende belegbare Fakten zu beachten:

Die DDR wurde am 7.10.1949 gegründet.

Vom 24.11.1949 bis 21.02.1950 regeln die Ministerien für Planung, Industrie und Finanzen gemeinsam in vier Verordnungen und den entsprechenden Durchführungsbestimmungen u.a. auch die Einführung und Vergabevorschriften des Gütezeichens Q, dass als höchstes Gütezeichen der DDR nur für besondere Erzeugnisse, die durch ihre herausragende Qualität besonders dafür geeignet sind, den Export zu steigern, verliehen wurde. Veröffentlicht werden diese Verordnungen im Amtsblatt des Deutschen Amtes für Maße und Gewicht (DAMG), Ausgabe 1. Mai 1950.

Diese Fakten belegen, dass es vor dem 21. Februar 1950 in der DDR kein Produkt mit dem  Gütezeichen Q1 gegeben haben kann. Ob es etwas ähnliches schon vorher auf Länderebene gegeben hat, ist bisher nicht belegbar. Das hätte zur Folge, dass zumindest die Armbanduhren der Kaliber 28 und 28.1, die vor dem 21. Februar 1950 gefertigt und in den Handel gebracht wurden noch nicht auf Zifferblatt und Räderwerkbrücke mit dem DDR Gütezeichen Q1 signiert gewesen sein konnten.

Diese Argumentation wird dadurch gestützt, dass bisher keine Uhr dieser Kaliber mit dem Gütezeichen Q1 aus der Zeit vor Februar 1950 nachgewiesen ist.

 

Veränderte Prägung der Räderwerkbrücke

Das Werk mit der Werknummer 120296 ist das bisher früheste mir bekannte Werk vom Kaliber 28.1. Die Prägung auf der Räderwerkbrücke lautet noch "Lange VEB Glashütte". Das Werk hat noch keine Prägung des DDR Gütezeichens Q. Gegenüber späterer Werkausführungen befindet sich die Werksignatur weiter vom Rand der Räderwerkbrücke entfernt, sodass die Prägung des Ortsnamens Glashütte durch das Sekundenrad verdeckt wird.

Nach der Verleihung des Gütezeichens Q im Jahr 1950 wurde eine nicht mehr zu ermittelnde kleine Anzahl von Uhren vom Kaliber 28.1 gefertigt, die auf dem Zifferblatt bereits das Gütezeichen Q haben, während noch Rohwerke mit bereits vorgefertigten Räderwerkbrücken ohne Gütezeichen vollendet wurden.

Nach Verbrauch dieser Räderwerkbrücken wurde die neue Prägung mit dem Gütezeichen so auf der Räderwerkbrücke plaziert, dass die gesamte Signatur über dem Sekundenrad sichtbar ist, wie das rechte Werkbild zeigt.

Mechanik Lange VEB sehr frühe HAU Kal. 28.1 Gütezeichen Q

 

Die Glashütter Firma Mechanik Lange & Söhne VEB hatte 1948 durch die Verkleinerung des Werkes Kalibers 48 der Beobachtungsuhr von A. Lange & Söhne 1949 mit dem Kaliber 28 und 28.1 eine erste Herrenarmbanduhr aus der eigenen Fertigung auf den Markt gebracht. Bei der hier vorgestellten, im Original erhaltenen Güteuhr aus dem Jahr 1950 handelt es sich um ein sehr frühes Exemplar. Es war dabei auch das erste Modell einer Uhr aus DDR Produktion, die mit dem 1950 neu geschaffenen, höchsten Gütezeichen Q der DDR ausgezeichnet wurde. Durch den frühen Zeitpunkt der Fertigung konnte bei dem Modell mit der Werknummer 120421 das „Q“ erstmal nur auf dem Zifferblatt gezeigt werden. Spätere Uhren haben diese Kennung dann auch auf der Werkplatine. Für einen Sammler ist es schon etwas ganz Besonderes solch eine seltene Uhr, die gleichzeitig auch ein zeitgeschichtliches Dokument ist, in seiner Sammlung zu haben. Dieses Modell mit Werknummer 120421 ist die bisher früheste hier dokumentierte HAU vom Kaliber 28.1.

 

Schätzung der monatlichen Fertigung der Kaliber 28 und 28.1

Eine Auswertung der Verkaufsunterlagen der Firma Mechanik Lange & Söhne VEB sowie der GUB in der Zeitspanne von 1950 bis 1954 hat, beginnend mit dem 19. Oktober 1950 und der Werknummer 120510 bis 1. November 1954 und der Werknummer 130265, eine Anzahl von 9.755 verkauften Uhren beider Kaliber ergeben. Das würde zusammengenommen einer monatlichen Produktionskapazität von etwa 200 Uhren für beide Kaliber 28 und 28.1 entsprechen. Auch Prüfungen von Werknummern und Verkaufsunterlagen in dem dazwischen liegendem Zeitraum lassen den Schluss zu, dass die vorgenannte Fertigungszahl relativ konstant über den genannten Zeitraum erbracht wurde. Da aus den Unterlagen von Mechanik Lange & Söhne und GUB eine Gesamtfertigungszeit von 1949 bis 1957 nachvollziehbar ist, lässt dich die Gesamtzahl der produzierten Werke beider Kaliber auf nicht ganz 22.000 Stück abschätzen.

Der Fabrikabgabepreis an den Großhandel belief sich für verchromte und vergoldete Modellausführungen in diesem Zeitraum zwischen 137,- DM und 168,- DM.

Siehe dazu auch Kaliber 28

Modellbeispiele

VEB Mechanik Lange & Söhne HAU Kaliber 28.1 aus dem Jahr 1950

Vom 24.11.1949 bis 21.02.1950 regeln die DDR Ministerien für Planung, Industrie und Finanzen gemeinsam in vier Verordnungen und den entsprechenden Durchführungsbestimmungen u.a. auch die Einführung und Vergabevorschriften des Gütezeichens Q, dass als höchstes Gütezeichen der DDR nur für besondere Erzeugnisse, die durch ihre herausragende Qualität besonders dafür geeignet sind, den Export zu steigern, verliehen wurde. Veröffentlicht wurden diese Verordnungen im Amtsblatt des Deutschen Amtes für Maße und Gewicht (DAMG), Ausgabe 1. Mai 1950. Am 14.08.1950 bestellt die HO Erfurt beim VEB Mechanik Lange & Söhne eine Kleinserie der Herrenarmbanduhren Kal. 28.1. Die hier gezeigte Uhr stammt aus dieser Bestellung und wurde als Bestandteil eine Teillieferung am 19.10.1950 an die HO Leipzig mit dem DDR Gütezeichen Q, vorerst allerdings nur zifferblattsigniert, ausgeliefert. Wenn man davon ausgeht, dass der Auftrag für die neuen Zifferblätter auch erst nach der Erteilung des Gütezeichens Q erfolgen konnte, kommt man auf eine „rekordverächtige“ Realisierungszeit. Gerechnet von der Bekanntgabe der Verordnung 1.5.1950, der Beantragung des Gütezeichens, dem Prüfverfahren und der Erteilung vergingen bis zur Umsetzung gerade einmal 5 Monate.

 

Weitere Informationen zum  Kaliber 28.1 finden Sie >> hier <<

Sehr frühe Herrenarmbanduhr der Firma  Lange VEB Glashütte

Bei der hier vorgestellten, gut erhaltenen Herrenarmbanduhr der Firma Mechanik Lange & Söhne VEB Glashütte mit der Werknummer 120427 handelt es sich um eines der frühesten auf dieser Webseite dokumentierte Modell vom Kaliber 28.1 mit indirekter Zentralsekunde. Verkauft wurde die Uhr ab Werk am 19. Oktober 1950 für einen Werkabgabepreis von 137,00 Mark an die Handelsorganisation (HO) Leipzig. Der Endverbraucher-Höchstpreis war mit 189,10 Mark festgelegt worden. Das es sich um eine der ersten Uhren mit dem DDR Gütezeichen Q handelt, wird dadurch ersichtlich, dass das Q-Signet nur auf dem Zifferblatt aufgedruckt und noch nicht auf die Platine geprägt war, wie es bei späteren Exemplaren obligatorisch war.

Bei dem Armbanduhrkaliber 28.1 handelt es sich genau wie beim Schwestermodell Kal. 28 mit dezentraler Sekunde um des erste von A. Lange & Söhne für eine Großserienproduktion entwickelte und zivilen Zwecken dienende Armbanduhrkaliber.

Entstanden ist es durch eine Verkleinerung der für die Kriegsproduktion entwickelten sehr leistungsfähigen Marine B-Uhr vom Kal. 48 und der Flieger Beobachtungsuhr vom Kaliber 48.1. Diese B-Uhren wiederum wurden aus dem schon in den 1920er Jahren entstandenen Taschenuhrkaliber OLIW 80 bzw. 90 entwickelt. Produziert wurden die beiden Armbanduhrkaliber 28 und 28.1 aber erst ab 1949, nach der im April 1948 erfolgten Enteignung der Firma A. Lange & Söhne, durch die Nachfolgefirma „Mechanik Lange & Söhne VEB“, die 1951 in der Firma „Glashütter Uhrenbetriebe VEB“ aufging. Die Produktion dieser Güteuhren wurde 1957 eingestellt.

Lange VEB Glashütte/SA - 1. Herrenarmbanduhr

Die alt eingesessene Firma A. Lange & Söhne wurde mit Ende des 2. Weltkrieges von der alliierten Siegermacht Sowjetunion sequestriert und 1948 dem Land Sachsen in der SBZ übereignet. Auf der 51. Sitzung des sächsischen Gesamtministeriums am 03. März 1948 wurden auf der Grundlage des Volksentscheides im Land Sachsen vom 30. Juni 1946 65 belastete Firmen, darunter auch A. Lage & Söhne, enteignet und in das Eigentum des Volkes überführt. Die neue Firma Lange VEB Glashütte/SA war entstanden. Durch die Verkleinerung der aus der Kriegsproduktion stammenden, militärischen Beobachtungsuhr Kal. 48 wurde mit dem Kaliber 28 / 28.1 die erste serienmäßig gefertigte Herrenarmbanduhr der Firma Lange entwickelt. Die hervorragenden Gangergebnisse des Werkes führten dazu, dass diese Armbanduhren, die mit kleiner Sekunde bei 6 und Zentralsekunde gefertigt wurden, als erste Uhr in der DDR das 1950 neu geschaffene Gütezeichen Q erhielt. Im Juli 1951 wurde die Firma unter Führung der VVB Mechanik Dresden in den neu geschaffenen VEB Mechanik Glashütter Uhrenbetriebe integriert. Die Fertigung dieser Armbanduhren wurde dabei übernommen und bis Mitte der 1950er Jahre weiter geführt.

Die baugleichen Werke der Kaliber 28 und 28.1 von "Mechanik Lange & Söhne VEB" und "GUB" haben eine unter der Unruh in die Platine geprägte Werknummer. Anhand der erhaltenen und von den GUB in Bezug auf die übernommene Produktpalette der Firma „Mechanik Lange & Söhne VEB“, fortgeführten Werk- und Verkaufsbücher, sind diese Uhren heute noch nachweisbar.

Das Deutsche Uhrenmuseum Glashütte erstellt auf der Grundlage geeigneter Objekt- oder Bildnachweise, dazu einen entsprechende Archivauszug. Die Kosten betragen pro Archivauszug 150,- Euro.

 

Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.

Literatur:

 

  • Verordnung über die Verbesserung der Qualität der Produkte vom 24.11.1949
  • Verordnung über Register für Gütevorschriften und Errichtung von  Überwachungsstellen für technische Normen vom 10.02.1950
  • Verordnung über das Material- und Warenprüfungswesen vom 21.02.1950
  • Verordnung über das Gütezeichen der Deutschen Demokratischen Republik vom 21.02.1950
  • Amtsblatt des Deutschen Amtes für Maße und Gewichte (DAMG) vom 1.05.1950
  • Vom Reitstock zur automatischen Straße; Autor: Helmut Klemmer ; Fachzeitschrift: Uhren und Schmuck 11/1970 S.342
  • Mechanische Armbanduhren aus Glashütte 1950 - 1980; Autor: Werner Heinrich; Callwey Verlag; ISBN 3766717197

 

Aktualisiert 13.12.2024

Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild  mit Video hinterlegt
Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild mit Video hinterlegt

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